In der Jobsuche ist ein positives Arbeitszeugnis Gold wert, denn viele Personaler bewerten sie sehr hoch. Umso wichtiger ist es, das eigene Arbeitszeugnis verstehen und einschätzen zu können!
Ein Arbeitszeugnis muss sich an zwei Grundsätze halten: Es muss sowohl wahr als auch wohlwollend formuliert sein. Um diese beiden Grundsätze unter einem Hut zu kriegen, hat sich eine Art Geheimsprache entwickelt. Diese kann das Arbeitszeugnis für Laien schnell unverständlich machen und die wahre Bedeutung verstecken. Im Folgenden findest du darum einige Standartformulierungen und Tipps, wie du dein Arbeitszeugnis erfolgreich entschlüsselst.
Inhalt des Arbeitszeugnisses: So verstehst du die „Geheimsprache“
In der Regel lässt sich ein Zeugnis einer Schulnote von eins bis sechs zuteilen. Am Beispiel folgender Formulierung wird das Bewertungssystem hier einmal entschlüsselt.
„Er/Sie hat seine/ihre Aufgaben…“
- „…stets zur vollsten Zufriedenheit erfüllt.“: Sehr gut (Note 1)
- „…zur vollsten/stets zur vollen Zufriedenheit erfüllt.“: Gut (Note 2)
- „…zur vollen Zufriedenheit erfüllt.“: Gut bis befriedigend (Note 2-3)
- „…stets zur Zufriedenheit erfüllt.“: Befriedigend (Note 3)
- „…zur Zufriedenheit erfüllt.“: Ausreichend (Note 4)
- „…im Großen und Ganzen zu unserer Zufriedenheit erfüllt.“ Mangelhaft (Note 5)
- „Er/Sie hat sich bemüht.“: Ungenügend (Note 6)
Du siehst: Kleinigkeiten machen einen großen Unterschied aus. Insbesondere Ausdrücke wie „stets“ und „sehr“ sowie gesteigerte Adjektive wie „vollste“ machen deutlich, wie gut ein Arbeitszeugnis wirklich ist.
Daran erkennst du ein schlechtes Arbeitszeugnis
Zu den Anzeichen eines negativ ausfallenden Arbeitszeugnisses gehören
- Formfehler. Wird das Zeugnis beispielsweise nicht auf Geschäftspapier gedruckt, kann das eine mangelnde Wertschätzung auf Seiten des Arbeitgebers ausdrücken.
- Negative Formulierungen, z.B. „Ihr Verhalten gegenüber Kunden war nicht zu beanstanden“. Solche Sätze bedeuten meist das Gegenteil; nämlich, dass das Verhalten sehr wohl zu beanstanden gewesen ist.
- Einschränkungen. Formulierungen wie „im Großen und Ganzen“ lassen einen Personaler aufhorchen – im negativen Sinne.
- Sehr knappe Formulierungen. Generell gilt: Je mehr Ausschmückung, desto besser!
- Fehlende Formulierungen. Insbesondere, wenn die Dankes-Bedauerns-Formel fehlt, ist das ein Warnzeichen.
Weitere besondere Formulierungen und wie sie zu interpretieren sind:
- „Sie war stets pünktlich.“: Mehr Positives gibt es nicht.
- „Er schied im beiderseitigen Einvernehmen aus.“: Die Kündigung erfolgte durch den Arbeitgeber.
- „Sie verfügt über gesundes Selbstvertrauen.“: Sie hat ein großes Ego.
- „Er zeigte eine erfrischende Art im Umgang mit Kollegen und Vorgesetzten.“: Er war frech und unhöflich.
Was tun bei einem schlechten Arbeitszeugnis?
Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass ein qualifiziertes Arbeitszeugnis mindestens der Schulnote drei zuzurechnen sein muss. Alles, was darunterliegt, muss der Arbeitgeber rechtfertigen und beweisen können. Dafür muss der Arbeitnehmer das Zeugnis jedoch zunächst anfechten.
Erfüllt das Zeugnis nicht alle formellen Vorgaben oder ist es ungerechtfertigt kritisch, kann man als Arbeitnehmer eine Nachbesserung beziehungsweise einen Austausch verlangen. Wende dich zuerst an deinen Chef oder an die Personalabteilung. Problematische Formulierungen oder Fehler entstehen oft einfach aus Versehen oder Unwissenheit – die wenigsten Arbeitgeber wollen ihren Mitarbeitern mit Absicht ein Bein stellen. In einem klärenden Gespräch können die Kritikpunkte angesprochen und um eine Korrektur gebeten werden.
Weigert sich der Arbeitgeber, den Änderungswünschen nachzukommen, sollte vom Arbeitnehmer zunächst ein schriftlicher Widerspruch geäußert werden. Ist auch dieser Versuch erfolglos, empfiehlt es sich, einen Fachanwalt für Arbeitsrecht zu kontaktieren. Dieser prüft das fragliche Arbeitszeugnis und vertritt dich in deinen Forderungen.